Skip to content

Sir David Chipperfield steht in seiner Wohnküche in Galicien und starrt abwechselnd auf die Deckenlampe, auf den Handwerker und auf die Skulptur, die der gerade an die Wand montiert. Ein bisschen nach rechts. Ein bisschen nach links. Chipperfield öffnet den Mund und schließt ihn wieder. »Well«, sagt er dann – ein sehr britisches well –, »bringt alles nichts.«

Chipperfield gilt als einer der bedeutendsten Architekten der Gegenwart, vor zwei Jahren erhielt er den Pritzker- Preis, die höchste Auszeichnung für Architektur. Manche nennen den Briten augenzwinkernd den »berühmtesten deutschen Architekten«, so viel hat er hierzulande gebaut und saniert. Allein in Berlin: das Neue Museum, die Neue Nationalgalerie, die James-Simon-Galerie. Besonders für seine geradlinigen Entwürfe ist Chipperfield bekannt, für hellen Stein, für rohen Beton und für Kanten, die scharfe Schatten in die Welt werfen.

Die Zickzack-Skulptur allerdings, die nun an seine Küchen wand soll, ist aus Ton geformt, von Hand – und genau so sehen auch die Schatten aus, die sie an die Wand malt: weich, quite crooked. Nach einer Weile hebt Chipperfield die Schultern, dreht seine Handflächen nach oben. »Ich hab sie nun mal geschenkt bekommen.« Vor einem Jahr bezog er das Haus in Santiago de Compostela, ein ehemaliges Sanatorium aus dem frühen 20. Jahrhundert, das heute zugleich Wohnung, öffentliche Kantine und vor allem Sitz seiner Stiftung ist: Fundación RIA, benannt nach den typischen Meeresarmen Galiciens, die tief ins Land eindringen. Und so reist man hierher, ans Ende des Jakobswegs, um eine Bestandsaufnahme zu machen: Wo steht die Architektur heute?

Für das Gespräch wechseln wir in einen Konferenzraum. Holzdielen, um die Türrahmen offenes Gemäuer. Durch Kastenfenster blickt man auf einen weitläufigen Garten. Chipperfield lässt sich in einen Ledersessel fallen. Auf dem Tischchen neben ihm: weder Tee noch Kaffee. Erst nach anderthalb Stunden, als seine Stimme kurz versagt, wird er seine Assistentin wortlos um ein Glas Wasser bitten.